Heldengeschichten
Euer Lauf. Eure Geschichte.
Dr. Matthias Marquardt - Heldengeschichten

Ronald Hüsemann

MARQUARDT RUNNING-Heldengeschichten

Marathon in Seattle

Beim ersten Marathon in Rom, den ich unter 4:00 Std. laufen wollte, war noch alles einfach. Ich habe gleich zweimal die Laufbibel gelesen und bin zur Bewegungsanalyse zu Dr. Marquardt gefahren, um meine neu aufgetretenen Achillessehnenbeschwerden weg zu kriegen. Ergebnis: Laufstil gut. Füße wurden intensiv mit verschiedensten Testverfahren untersucht und eine spezielle Einlagenversorgung nebst einer adäquaten und gut begründeten Schuhversorgung angepasst. Dazu verletzungsspezifische Übungen für Rumpf und Achillessehne. Alles geklappt. Zielzeit: 3:57 Std.!

 

Ich wurde dann wenige Wochen später mit akuten Schmerzen bei Piriformissyndrom wieder bei Dr. Marquardt vorstellig und erklärte gleich das neue Ziel: Seattle-Marathon unter 3:45 Stunden. Stirnrunzeln auf der anderen Seite: „Wenn ich als Ihr Arzt einen Wunsch frei hätte, würde ich mir wünschen, Sie verlegten Ihren Seattle-Trip auf nächstes Jahr und wir bauen Sie hier vernünftig auf, damit Sie nicht nur schneller, sondern auch schmerzfrei laufen. Das macht doch so keinen Spaß.“, sagte Dr. Marquardt. Meine Antwort, dass wir nicht bei „Wünsch dir was“ wären, hat er seinerzeit mit dem Hinweis akzeptiert, dass die Vorbereitung dann kein Zuckerschlecken werden würde. Mit anderen Worten: Er hat die medizinische Begleitung des schwierigen Projekts angenommen.

 

Franzi von MARQUARDT RUNNING zeigte mir in einer vereinbarten Trainingssitzung auf meine Beschwerden abgestimmte Übungen und einen Trainingsplan mit einem 3:1-Zyklus. Je konsequenter ich diese Übungen machte, desto besser wurden die Beschwerden, wenn auch langsam. Unterstützt wurde das durch den Blackroll Duo Ball. Damit konnte ich auch in den tiefen Regionen für Entspannung sorgen.

 

Mittlerweile hatte ich den Flug nach Seattle gebucht und mich für das Rennen angemeldet. Den 16-wöchigen Trainingsplan hatte ich zur Hälfte abgearbeitet. Jetzt gab es plötzlich neue Probleme: Taubheitsgefühl der Zehen 3 und 4 des rechten Fußes. Aus dem Taubheitsgefühl wurde bei Kilometer 15 ein stechender Schmerz. Ab Kilometer 20 hatte ich das Gefühl, in einen rostigen Nagel getreten zu sein.

 

Nun ja, ab nach Hannover, mal sehen, was er machen kann. Die erste Vermutung lautete aufgrund der eindeutigen Symptome Morton-Neurom. Kein witziger Verdacht, schließlich war Dr. Marquardt selbst gerade am Vortag meines Termins an einem Neurom operiert worden und machte die Sprechstunde im Verbandschuh … An dieser Stelle mein großer Dank dafür, dass er sich trotzdem Zeit für mich genommen hat. Fazit: Neuer Trainingsplan im 2:1-Zyklus. Das Herunterfahren der Intensität könnte Besserung bringen. Leider nein. Um die Verdachtsdiagnose zu erhärten, folgte der nächste Termin in Hannover. Das Betäubungsmittel Scandicain in den Fuß und eine Stunde in den Stadtwald den Fuß belasten. Ergebnis: „So betäubt kann's gerne bleiben, Herr Doktor.“ Leider erhärtete diese Methode den Verdacht auf das Morton-Neurom. Also veranlasste der Doc ein MRT des Fußes. In der Zwischenzeit weiter rennen, Zähne zusammenbeißen, weitere (längere) Schuhe besorgen. Abends dann Eis, zur Nacht dann ein Voltaren-Forte-Fußbad. Vor den Läufen einen Extraschuss davon in die Socke. Das erweiterte die Reichweite mit erträglichen Schmerzen um 5 km. Dann das Ergebnis des MRTs: Kein Morton-Neurom! Sehr gut, aber woher kommen die rostigen Nägel, die mittlerweile auch ohne Belastung latent zu spüren waren? Mittlerweile waren es nur noch knapp dreieinhalb Wochen bis zum Rennen. Es musste etwas passieren. Ab nach Hannover zum Laufdoktor.

 

Es war besprochen, dass auf gar keinen Fall Cortison-Spritzen in den Fuß gegeben werden, weil dies zu Fettgewebsuntergang an den Injektionsstellen führen kann. Insofern lagen die Nerven bei mir etwas blank, als ich im Arzttermin erwähnte, unter diesen Umständen nicht an den Start zu gehen.

Umso überraschter war ich über die Antwort von Dr. Marquardt: „Unsinn, das Ding laufen Sie jetzt. Das soll doch nicht alles für die Katz sein, oder?“ Er ging nach Ausschluss des Morton Neuroms nunmehr davon aus, dass die Probleme durch den vorhandenen Spreizfuß in Verbindung mit der erheblichen Belastung hervorgerufen wurden. Insofern einigten wir uns darauf, dass es aktuell eine Traumeel-Injektion in Kombination mit einer kurzen Cortison-Stoß-Therapie (oral) geben solle. Das Präparat stünde für Wettkämpfe, nicht aber Vorbereitungen auf der Doping-Liste. Ferner ist es hier mit entsprechendem Abstand zum Rennen in der Vorbereitung medizinisch indiziert und würde nicht zur Leistungssteigerung eingesetzt. Gleichzeitig solle ich mich auf die kürzeren harten Trainingseinheiten konzentrieren. Die ganz langen Läufe für meine Grundlagenausdauer hätte ich ausreichend oft gelaufen. Auf keinen Fall solle ich mit Schmerzmittel an den Start gehen. Außerdem zeigte er mir, wie ich mir den Fuß tapen kann, um die Beschwerden zu lindern.

 

Dann kam das Rennen. „Good job, you are looking great, keep on pushing!“ riefen die Zuschauer in Seattle mir dann zu. Und es lief wirklich gut! Bis bei km 34 dann der Gong kam: Kurze aber heftige Steigungen mit geschätzten 18 % Steigung ließen meine Zeiten für 4 km auf bis zu 5:50 min pro km purzeln. Gut, dass ich vorgesorgt hatte: Gel-Chips in den Mund und weiter! Zum Glück hatte ich mir einen Puffer herausgerannt. Und: Der Fuß hielt mit erträglichen Schmerzen! Bei km 40 hatte ich mich wieder gefangen und konnte noch den ein oder anderen Laufkameraden überholen. Bei 3:41:54 Std. ging es ins Ziel! Knapp 16 Minuten schneller als in Rom! Ein super Erfolg, wie ich finde. Mein Dank gilt der intensiven Betreuung durch Dr. Marquardt, Frau Steiner und Franzi! Insbesondere bin ich dankbar für des Doktors Ansage: „Das Ding laufen Sie jetzt.“

Er ist halt Sportarzt und Trainer.