Es könnte regnen. Vielleicht.

Dr. Matthias Marquardt - Blog - Wetter

WETTER

Es könnte regnen. Vielleicht.

Wir leben in fantastischen Zeiten. Könnte man meinen. Alles ist planbar. Allem voran: unser geliebtes Training. Für jeden Straßenbelag gibt’s die richtige Schuhsohle. Für jede Jahreszeit die richtige Funktionsfaser. Für jeden Windeinfallswinkel das optimale Laufrad. Und eine Sportuhr, die alles weiß, misst und kann.



Stehen alle Zeichen auf grün, bleibt aber noch die letzte Instanz. Und die war, ist und bleibt das Wetter. Denn: Es könnte Regen geben!

 

Früher blickte man in den Himmel. Ganz Gewiefte vom Land oder mit einem Uropa, der mal Bauer war, sahen schon am Abend vorher nach oben. Das Ergebnis war – wenn es nicht gerade Hunde und Katzen regnete – meist wie folgt: Auf geht’s. Passt schon.

 

Im Jahr 2015 ist das grob fahrlässig. Schließlich sind wir für das Wetter keine Fachleute! Lassen wir über unser Training in letzter Instanz also besser Meteorologen entscheiden, die das studiert haben. Mit einer Erkältung geht man ja auch in die Notaufnahme. Da sind schließlich Fachleute! Wie die Wetterfrösche. Die geben uns das, was wir brauchen: eine Zahl! Eine Wahrheit! Sie geben uns die Regenwahrscheinlichkeit in Prozent: 90 % = ein Hasardeur, wer da das Haus verlässt. 50 % = Wer da Rad fährt, ist eine Spielernatur. 30 % = ganz schön risky. Mein Fahrrad ist doch gerade geputzt. 10 % = Man könnte es wagen, vor die Tür zu gehen. Aber Rad fahren? Mal sehen …

 

Mitunter gewinne ich den Eindruck, dass Wetter­Apps wahre TrainingsverhinderungsApps sind. Einzig: Die Regenwahrscheinlichkeit sagt eben gar nichts über die Menge aus! Die Fachleute geben uns deshalb Hinweise in Millimetern. Das ist nicht die Länge der Regenfäden, sondern die Höhe, mit der der Niederschlag auf einem Quadratmeter zu Buche schlägt. Bei 1 mm ist das ein Liter. Wenn jetzt die Regenwahrscheinlichkeit 90 % beträgt und die Menge 0,3 mm, dann kriegen Sie mit ziemlicher Sicherheit einen Minischauer ab.

 

Übrigens reden wir von Regen, nicht von Salzsäure, die da vom Himmel fällt. Nur mal so. Und eines sei noch bemerkt: Unsere Heldengeschichten von früher, sind die nicht fast immer bei widrigen Bedingungen entstanden? Ich erinnere eine infernalische Regenfahrt. Die Autos hielten, weil die Fahrer vor Regen nichts mehr sehen konnten. Wir fuhren durch peitschenden Starkregen, als 200 Meter neben uns der Blitz einen Baum entzweite. Das war sehr, sehr unvernünftig. Stimmt. Aber 20 Jahre später denke ich: Gut, dass keine Wetter­App diese Fahrt verhindert hat!

 

Ihr Dr. Matthias Marquardt


Einmal im Monat schreibt der bekannte Internist und Laufexperte Dr. Matthias Marqardt im Triathlon-Magazin eine Kolumne zu kontroversen Themen des Laufsports.

 

 www.tri-mag.de



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